26.10.2018 – RA Bierschenk:
Müller ist frustriert. Er hat lange Zeit gespart und sich vor fünf Jahren voller Stolz einen nagelneuen Audi Q3 TDI mit 2,0 l-Motor gekauft. Er hatte sich bewusst für einen Diesel der damals neuesten Generation entschieden, weil er als Vielfahrer einerseits einen besonders langlebigen Motor haben und andererseits ein Fahrzeug mit einer grünen Umweltplakette erwerben wollte. Denn trotz aller Freude am Fahren ist Müller umweltbewusst. Ferner war der geringe Spritverbrauch mitentscheidendes Kaufkriterium, denn Müller ist Berufspendler und möchte daher möglichst günstig fahren.
Seine anfängliche Begeisterung bekam jedoch einen ersten herben Dämpfer, als im Herbst des Jahres 2015 der sogenannte „Dieselskandal“, also eine Abschalt-Software offenbar wurde, die in allen Fahrzeugmotoren des Typs EA 189 verbaut ist. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden zur Gewissheit, als Müller Anfang 2016 ein Schreiben von Audi erhielt, in dem der Autobauer eine Rückrufaktion in Aussicht stellte. Einige Monate später erhielt er ein weiteres Schreiben mit der Bitte, umgehend einen Termin zum Aufspielen des von dem Hersteller entwickelten Software-Updates zu vereinbaren. Da Müller angesichts einiger Presseberichte jetzt sogar darum fürchtete, andernfalls die Zulassung zum Betrieb seines Wagens zu verlieren und dass dieser schlimmstenfalls sogar stillgelegt würde, ließ er das Update aufspielen. Im Anschluss fuhr der Wagen zwar weiterhin. Müller hatte allerdings das Gefühl, dass sein Fahrzeug in bestimmten Situationen weniger „zog“ und teilweise auch lauter war als zuvor.
Durch regelmäßige Überprüfung der einschlägigen Gebrauchtwagenportale musste er feststellen, dass sein Fahrzeug nur noch einen äußerst geringen Wiederverkaufswert hatte. Er hoffte daher auf die Politik und ein Entgegenkommen von Audi oder VW. Denn nach Müllers Auffassung hatte schließlich der Autobauer ihm die ganzen Probleme eingebrockt. Nachdem er über Monate vergeblich hoffte, erfuhr er von seinem Nachbarn, dass dieser genau dasselbe Problem hatte wie er. Der Nachbar wusste allerdings Folgendes zu berichten:
Sein Rechtsanwalt hatte ihm bereits Anfang 2018 mitgeteilt, dass Ansprüche gegen den Autoverkäufer, also z.B. das Autohaus, aufgrund zwischenzeitlicher Verjährung nicht mehr in Betracht kämen. Allerdings verjährten direkte Ansprüche gegen VW erst mit Ablauf des Jahres 2018, also am 31.12.2018, 24:00 Uhr. Der Nachbar hatte daher seinen Anwalt mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beauftragt. Nachdem VW als Konstrukteur des betroffenen Motors außergerichtlich alle Ansprüche zurückwies, erhob er Klage vor dem Landgericht Münster. Während der mündlichen Verhandlung und auch in der Zeit danach kam eine gütliche Einigung nicht zustande. Entsprechend einer Ankündigung des Richters in der mündlichen Verhandlung, dass man in Münster grundsätzlich bei den Direktklagen gegen VW gute Chancen hätte, gewann er den Prozess in der 1. Instanz. VW legte – wie üblich – Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Hamm ein. Während des Prozesses erfuhr Müllers Nachbar, dass zur Zeit beim OLG Hamm 500 Klageverfahren gegen VW anhängig sind, es jedoch bislang kein einziges Urteil gibt. Der Grund hierfür liegt in Folgendem: In den Berufungsverfahren schlägt VW bislang stets einen Vergleich vor, mit dem in der Regel nahezu alle Ansprüche des Geschädigten erfüllt werden. VW will mit diesen Einzelfallvergleichen eine negative Entscheidung des OLG und damit eine Signalwirkung für alle anderen Geschädigten verhindern. Letztendlich konnte Müllers Nachbar seinen Wagen zurückgeben und erhielt den gezahlten Kaufpreis abzüglich eines überschaubaren Ersatzes für die gefahrenen Kilometer erstattet. Müllers Anwalt ging denselben Weg und erzielte dasselbe Ergebnis.
Fazit: Es ist noch nicht zu spät! Falls Ihr Wagen (VW, Skoda oder Audi) betroffen ist, wenden Sie sich an Ihren Anwalt. Dieser berät Sie gern über die nach unserer Erfahrung guten Erfolgschancen.