10.12.2018 – RA Bierschenk:
Müller ist seit Jahren bei der Fa. Langsam beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag findet sich bezüglich der Zahlung des Arbeitslohns folgende Regelung: „Das Gehalt beträgt 1.750 €. Es ist bargeldlos zahlbar am 15.-20. des Folgemonats.“ Diese Regelung störte Müller schon seit Beginn des Arbeitsverhältnisses, denn alle ständigen Zahlungsverpflichtungen, wie Miete, Strom, Gas und sonstige Dauerzahlungsverpflichtungen wurden jeweils am Monatsbeginn von seinem Konto abgebucht. Der Arbeitslohn kam erst zweieinhalb Wochen später. Hierdurch geriet Müller jeden Monat für diesen Zeitraum ins Minus und schuldete der Bank nicht unerhebliche Überziehungszinsen. Nachdem die Fa. Langsam in den letzten Monaten sogar dazu übergegangen war, den Arbeitslohn erst gegen Ende des Folgemonats zu zahlen, wollte Müller dies nicht mehr hinnehmen. Er verlangte von seinem Arbeitgeber eine Zahlung seines Arbeitslohnes in den ersten Tagen des Folgemonats. Dieser verwies auf den Arbeitsvertrag. Müller wandte sich an das Arbeitsgericht und machte dort gegen Langsam für die letzten 36 Monate Verzugszinsen für jeweils 21 Tage jeweils beginnend mit dem 1. des Folgemonats sowie eine jeden Monat fällige Schadenspauschale von 40 € geltend. Das Arbeitsgericht gab ihm Recht. Es führte aus, nach § 614 BGB sei die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu zahlen. Sei sie nach Zeitabschnitten bemessen, so sei sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Da der Arbeitslohn nach Monatszeiträumen bemessen sei, sei er somit jeweils am Monatsletzten fällig und zahlbar. Das bedeutet: Sofern nicht in einem schriftlichen Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag ein anderes Zahlungsdatum vereinbart ist, muss der Arbeitgeber den Arbeitslohn am Ende des Monats zahlen. Der Lohn muss daher am ersten Bankarbeitstag des Folgemonats auf dem Konto des Arbeitnehmers sein. Ist das nicht der Fall, ist der Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug. Dieser Verzug tritt automatisch am Monatsende ein. Der Arbeitnehmer muss nicht mahnen. Der Arbeitgeber schuldet dann Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
Das Arbeitsgericht erklärte die Klausel in Müllers Arbeitsvertrag, wonach der Arbeitslohn bis zum 20. des Folgemonats fällig sei, wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers für unwirksam. Es führte aus, ein Abweichen von der gesetzlichen Vorschrift sei nur dann möglich, wenn dies durch schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sei. Dies sei allenfalls dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Vergütungsbestandteile monatlich jeweils neu berechnen müsse. In einem solchen Fall sei ein Hinausschieben bis zum 15. des Folgemonats noch angemessen. Lägen solche besonderen Umstände nicht vor, müsse der Arbeitslohn am Letzten des Monats gezahlt werden.
Das Arbeitsgericht verurteilte die Firma Langsam zudem zur Zahlung der geltend gemachten Schadenspauschale von 40 € für jeden Monat, in dem sie mit der Zahlung der Arbeitsvergütung in Verzug war. Es berief sich insoweit auf § 288 Abs. 5 BGB. Nach dieser Vorschrift hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, neben den Verzugszinsen einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale von 40 €. Die Firma Langsam schluckte zwar die Verurteilung zu den Verzugszinsen. Sie wollte jedoch nicht einsehen, dass sie darüber hinaus für jeden Monat noch 40 € zusätzlich zahlen müsse. Sie ging daher gegen das Urteil bis in die letzte Instanz. Das Bundesarbeitsgericht gab ihr unter Berufung auf § 12 des Arbeitsgerichtsgesetzes Recht. Nach dieser Vorschrift hat die in einem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht gewinnende Partei gegen den Prozessverlierer keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Anwalts. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist diese Vorschrift so auszulegen, dass sie nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen so genannten materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, also auch die Zahlung der verlangten Pauschale von 40 € pro Monat, ausschließt.
Im Ergebnis ist Müller gegenüber seinem Arbeitgeber jedenfalls damit durchgedrungen, dass der Lohn für einen Monat am ersten Bankarbeitstag des Folgemonats auf seinem Konto sein muss und der Arbeitgeber ihm danach Zinsen schuldet. Er schuldet ihm aber darüber hinaus noch die Überziehungszinsen, die die Bank ihm jeden Monat berechnet hat. Allein für die letzten 3 Jahre kommt da einiges zusammen.